Licht im Schatten – Gedanken zur Mondfinsternis

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Eine Mondfinsternis ist kein Dunkel. Selbst wenn die Erde sich dazwischen stellt, bleibt der Mond sichtbar. Zwar rötlich, gedämpft, aber mit jedem Krater erkennbar. Nicht ausgelöscht, nicht schwarz.
Ein Himmelskörper im Schatten, der leuchtet.

Rot. Die Farbe des Blutes, des Begehrens, der Gefahr. Gleichzeitig die Farbe des Mutes, der Energie und in manchen Kulturen sogar des Glücks.
Vielleicht liegt genau darin die Faszination dieses kurzen Himmespektakels: Im Schatten erscheint der Mond in einer Farbe, die beides kennt – das Bedrohliche und das Lebendige.

Ob Sonne- oder Mondfinsternis – seit jeher haben Menschen diese Himmelsereignisse gedeutet. Dämonen, die Sonne oder Mond verschlingen. Schlechte Omen. Anzeichen für Umbrüche. Heute ist man da generell etwas nüchterner und doch hängen beim Blick in den Himmel weiterhin Sehnsüchte und Projektionen, so wie es unsere Vorfahren taten.
Irgendwie freut es mich, denn dann ist da doch noch was von dem Zauber geblieben, der die Augen vom Bildschirm hoch in den Nachthimmel lenkt. Etwas, das Geschichten lebendig macht und die Gedanken schweifen lässt.


Selbstreflektion. Licht, Schatten, ….

Manchmal kippen wir dabei ins Übermaß.
Zu viel Licht: Alles soll hell, positiv, makellos sein.
Oder zu viel Schatten: Alles dreht sich nur noch um Trauma, Trigger und Schmerz.

Beides sind Extreme. Sie fühlen sich für eine Weile stabil an, fast wie ein Zuhause,  bis es zur Identität wird in der man sich bequem einrichtet.  Doch Balance entsteht nicht am Rand dieser Extreme, sondern in der Bewegung dazwischen – im Wechselspiel von Hell und Dunkel. Das Leben ist weder dauerstrahlendes Licht noch endloser Schatten.

In Indien erzählt man, der Dämon Rahu habe als Gott verkleidet heimlich vom Nektar der Unsterblichkeit getrunken. Sonne und Mond entdeckten dies und verrieten ihn. Zur Strafe wurde Rahu geköpft. Sein Kopf und Körper leben seitdem getrennt – und immer wieder versucht der Kopf „Rahu“ aus Rache Sonne oder Mond zu verschlingen. Doch sein Triumph hält nie lange. Das Licht entkommt ihm jedes Mal.

Vielleicht ist das der eigentliche Punkt: Weder Licht noch Schatten behalten das letzte Wort. Entscheidend ist, dass die Bewegung bleibt.

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