Aktuell läuft die YogaWorld Messe – an sich ein super Angebot: Für einen fairen Eintrittspreis kann man einen ganzen Tag lang verschiedene Yogaklassen besuchen, tolle Messeangebote ergattern, den kulinarischen Horizont erweitern und – ich gebe es gerne zu –Leute beobachten.
Leider kann ich dieses Jahr nicht in Stuttgart dabei sein aber ich teile mit euch trotzdem gerne die Beobachtung, die ich das letzte Mal gemacht habe und vermutlich auch dieses Jahr so ähnlich wieder erlebt hätte. So wie die Leute sind, ganz bestimmt…
Ich sag’s euch, wie es ist: So eine Yogamesse eignet sich hervorragend, um das eigene Selbstwertgefühl zu trainieren. Zwischen all den gelenkigen 1,60-Mädels in bunten XS-Leggings fühlt sich meiner einer etwas wie ein schnell schwitzendes Trampeltier in viel zu engen Hosen.
DIE YOGI MIT DEN SCHMUTZIGEN FÜSSEN

Geht auch mit Yoga- Socken
Ich sitze also auf einer der von der Messe ausgelegten Matten (natürlich mit meinem eigenen Handtuch darauf) und warte auf den Beginn eines 20-minütigen Kurses zum Thema Embodiment. Da kommt sie um die Ecke: die kleine Yogaelfe, die sich prompt genau neben mich platziert.
Oh je, jetzt haben alle einen direkten Vergleich zwischen einer Hummel und einem Hummingbird – und mein Selbstbewusstsein macht sich schon mal auf den Weg Richtung Kellertreppe. Doch bevor es auf der ersten Stufe ankommt, fängt sie auch schon an zu „sein“. Ich dreh mich um.
Erst mal knallt sie ihren Rucksack neben sich, das heißt auf meine Matte. Mit schmutzigen und ungepflegten Füssen geht es dann barfuß auf die Community-Matte – genau deshalb habe ich mein Handtuch. Dann wird sich aufgewärmt. Madame turnt erst mal 3 Sonnengrüße und zeigt dann allen, was sie kann und zwar ohne Rücksicht, wohin Beine und Arme ausschlagen. Das ging während der gesamten Klasse so weiter. Und die Frage, wer hier eigentlich das Trampeltier ist, klärte sich für mich ziemlich schnell.
Zum Abschluss des langen Tages gönnte ich mir vor der Heimfahrt noch eine Crystal Bowl Meditation. Der kleine Raum war bereits ziemlich voll, als eine junge, etwas esoterisch angehauchte Mutter mit Kleinkind dazukam. Verständlicherweise war das kleine Geschöpf nach all den Eindrücken, Gerüchen und Geräuschen des Tages völlig erschöpft und entsprechend quengelig.
Aber hey, Meditation soll doch die Resilienz fördern, oder? So wird sich das Mami wohl gedacht haben und legte sich schon mal entspannt auf die Matte… Ich wundere mich immer noch, dass sie tatsächlich aktiv darauf hingewiesen werden musste, mit dem Kind (dem ich keine Schuld gebe) den Raum der Stille zu verlassen, damit die anderen 15 Teilnehmer statt kreissägenartigem Geplärre den wohlschwingenden Klängen lauschen konnten.
Und hier kommen wir nun zum Kern der Geschichte
Wir müssen unser Ego gar nicht loslassen, aber wir müssen es auch nicht bis zur Matte des Nachbarn aufblähen oder den Fußpilz weitertragen, weil man halt gerne IMMER barfuß turnt. Oder so zu tun, als wäre man ganz alleine im Raum. Es helfen auch die schönsten Achtsamkeitsübungen und Sprüche auf den T-Shirts nichts, wenn man sie nicht anwenden kann.
Yoga bedeutet nicht nur Turnen und Wohlfühlen, sondern auch Mitgefühl – für uns selbst und unsere Umgebung. Yoga ist somit auch eine sozialübende Alltags-Praxis und das ist sicher nicht die einfachste Übung. Wir müssen uns auch nicht alle lieben, aber es kann doch nicht so schwer sein zumindest diese Kleinigkeit zu achten: deine Matte endet dort, wo meine beginnt.