hannabergblau_was macht social media mit unsManchmal muss man ganz leer werden um sich wieder neu zu füllen.

In meinem Artikel zur Leber, habe ich ja kurz die Informationsfülle, mit der wir uns tagtäglich umgeben, angesprochen. Und seien wir mal ganz ehrlich, wieviel Zeit verbringen wir denn jeden Tag im Netz? Ich glaube, jetzt wo sich noch mehr Alltägliches ins Internet verlagert hat kommen da einiges an Stunden zusammen.

Ich merke es ja selbst, morgens beim ersten Kaffee erst mal Nachrichten, dann schauen, was bei Instagram so los ist, bei Youtube ploppt ein neues Video in meiner Abo Liste auf, dann piept irgendeine Nachricht bei Facebook und prompt bleibt man doch im Feed hängen. Abends bin ich zum Online Yoga verabredet, wenn wir nicht gerade auf Netflix 10 Minuten lang suchen, welcher Film heute genehm wäre. Und die reine Arbeitszeit am Computer sowie E-Mails lesen und beantworten habe ich da noch gar nicht eingerechnet.

Hört sich krass an?
Ja, ich finde das eigentlich auch. Und es stört mich.

 

Man könnte mich als Jetzt-Jetzt Mensch bezeichnen, das heißt, ich habe mir jetzt etwas in den Kopf gesetzt und dann muss es auch instant erledigt werden. Teilweise sehr zum Leidwesen derer, die das ausbaden müssen – inklusive auch mir selbst. Bezüglich dieses Themas bedeutet das, ich habe ein völlig bescheuertes Verhalten an mir entdeckt und dann werden gleich mal alle Apps gelöscht, um nicht wieder in Versuchung zu geraten.

Vor Jahren schon habe ich auf Facebook alle entfreundet und sämtliche Inhalte gelöscht. Im Sommer sind dann Facebook Messenger und WhatsApp rausgeflogen. Man meint immer das wäre unmöglich, aber erstens will ich nicht Wasser predigen und Wein trinken und zweitens, wer mich erreichen will, schafft das eigentlich auch. Als Kind der 80er sind mir Telefon und Briefmarke noch ein Begriff und eine SMS kostet auch keine 30 Cent mehr. Also gibt es in dem Punkt keine Ausreden.

Instagram hatte tatsächlich etwas mehr Überwindung gekostet, weil ich meiner Meinung nach einen recht hübschen Feed aufgebaut hatte und mit Freude Bilder und Gedanken mit anderen teile. Aber ich habe das Konzept auf meinen Blog übertragen, und somit auch mich von einer Plattform und deren Regeln und Bedingungen gelöst. Wie sich das mit der verlorenen Reichweite entwickelt wird sich mit der Zeit zeigen.

 

Und da kommen wir jetzt auch schon zu der Social Media– Sache an sich.

 

Aus beruflicher Sicht müssen heutzutage soziale Medien bespielt werden, um als Unternehmen überhaupt stattzufinden. Ein oder kein Facebook Profil beeinflusst sogar dein Google-Ranking.

Erinnerst du dich an die QR-Code Schwemme vor 10 Jahren? Zeitungsannoncen, Flyer und TV- Werbung funktionieren fast nur noch in Verbindung mit digitaler Präsenz.

Aus Erfahrung weiß ich, Persönliches funktioniert immer super, fachliche Infos verbreiten sich eher schleppend. Dabei bietet zum Beispiel der Hinweis, dass Bergamotte Öl dich aus einem emotionalen Tief heben kann 100x mehr Mehrwert für dein Leben als mein Müesli von heute morgen.

Ja, beruflich bin ich selbst noch auf den einschlägigen Plattformen präsent – auch mit der Aromageschichte auf Instagram. Aber eben entgegen den meisten Regeln, die „Marketing-Hanna“ empfehlen würde. Denn abgesehen von der Schwierigkeit, mich selbst zu verkaufen, empfinde ich gewisse Konstrukte eher als belastend.

 

  1. Soziale Netzwerke sind kein freier Raum. Ich habe AGBs zugestimmt und es herrscht eine, nur in diesem Rahmen gestattete, Freiheit für Wort und Bild. Für alles, was du veröffentlichst, gibst du Lizenzrechte ab. Daher nutze ich auch keine eigenen Bilder mehr für meine noch aktiven „offiziellen“ Accounts und gehe mit privaten Informationen äußerst sparsam um.

 

  1. Willst du Reichweite generieren musst du das Algorhytmus-Spiel mitspielen und das heißt erst mal bezahlte Anzeigen schalten, dann Inhalte kreieren, die eigentlich verschleiertes Marketing sind. Bist du schon etwas größer, stürzen sich die Agenturen auf dich und du fängst an, dich noch mehr zu verkaufen. Die Leute glauben (und das sollen sie ja auch), das wäre dein Leben. Da hilft auch kein einzelnes Alibi-Bild mit #mehrrealitätaufinstagram, das augenscheinlich nur schlecht gestellt ist.

 

UND

 

  1. Dir wird nicht alles gezeigt. Du bleibst in deiner Bubble.

 

Aber was macht das mit unserem Denken?

 

Zugegeben, wir bewegen uns natürlich gerne in unserer Filterblase. Sie bestärkt dich in deinem Denken. Und wenn du immer Zustimmung erfährst, hörst du auch irgendwann auf, eigene Gedanken zu entwickeln und zu hinterfragen. Wieso auch? Du liegst vollkommen richtig, denn 100 Leute bestätigen das. Das tut gut und wenn dann mal im realen Leben Gegenwind kommt, dann ist das halt ein Depp.

 

Auf Netflix habe ich vor ein paar Wochen die Doku „Das Dilemma mit den sozialen Medien“ gesehen. Im Grunde war es nichts vollkommen Neues, und teilweise selbst ganz schön manipulativ aufgebaut –  aber nochmals vor Augen geführt zu bekommen, wie das System funktioniert, also welche Informationen du präsentierst bekommst und was eben nicht, gab schon Anlass zum Schlucken.

 

Wenn wir von einer Spaltung der Gesellschaft reden, dann sind das doch optimale Werkzeuge zur Manipulation. Der Algorhytmus zeigt dir fast ausschließlich nur noch Inhalte, die deine Meinung untermauern. Also egal welche Bubble dich einhüllt, der erste Schritt ist, dass du dir bewusst machst, dass das nicht die Realität ist, sondern eine künstliche Intelligenz dir gerade genehme Häppchen serviert.

 

Ich sage jetzt nicht, dass die Technik, beziehungsweise die Grundidee, von sozialen Medien per se schlecht ist. Es geht nur darum, wie wir sie nutzen, ob wir sie als Werkzeug betrachten, um Wissen zu erlangen und dieses zu teilen, in Verbindung zu bleiben oder uns zu unkontrolliertem Konsum zu verführen und alles glauben, was wir da lesen.

Gefährlich wird es, wenn wir uns freiwillig zum gläsernen Menschen machen, wenn wir von Informationen und Bestätigung abhängig werden und unser Ego nur noch an Daumen-Hochs und Herzchen festmachen, oder auch wenn wir anfangen andere nachzuahmen und zu denken, das ist das Ideal.

 

 

Geinfluenced

 

Sowas geht auch an mir nicht spurlos vorbei. Wir sind jetzt keine klassischen Vanlifer, aber haben uns vor ein paar Jahren einen Transporter gekauft, den wir nach und nach selbst ausbauen. Gerade auf Instagram gibt es ja so viele #vanlife -Accounts, mit den hübschesten Hippiebussen und ganz schicken Ausbauten. Das Mädel kocht mit ihrem Surfer-Knackarsch im farblich zum Interieur abgestimmten String-Bikini frischen Kaffee und der gerettete Straßenköter vom letzten Griechenland-Roadtrip lümmelt im Vordergrund auf einer Decke im Aztekenmuster. Währenddessen hat der Typ den romantischen Wildcampingplatz schon mal mit fünf Lichterketten abgesteckt und sein komplettes Equipment akribisch ausgebreitet, um das ganze Camping Ensemble mit seiner DJI Drohne in der untergehenden Sonne abzulichten…

Zugegeben, so ähnlich würde mir das auch gut gefallen und sicher habe ich insgeheim schon mal gehofft, dass eines Tages auch so ein durchdesigntes Ding vor der Tür steht. Egal, wie wir darin in unseren Baumwollschlüpfern aussehen würden. Die Realität ist nun mal etwas anders und rein funktional. Aber wir haben damit auch schon wunderschöne Roadtrips erlebt und solange ich eine Toilette, einen Herd, ein bequemes Bett und den richtigen Reisepartner dabei habe ist das alles wunderbar. Ich bin glücklich damit. Ehrlich.

 

 

Lasse dich von dem was im Netz geboten wird nicht beeinflussen, sondern zu etwas Eigenem inspirieren. Nutze es für Informationen und minimalisiere den nichtigen Schrott, der langfristig nur schlechte Laune verursacht.

Um das zu schaffen, hilft manchmal leider nur der radikale Schritt. Vielleicht auch nur mal temporär für 30 Tage. Wie ich eingangs erwähnt habe: einfach einmal ganz leer werden und dann schauen, was das mit einem macht.

 

Wer bist du, wenn morgen jemand das Internet löscht?

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