Seit der letzten Kolumne ist viel Zeit vergangen. Bei all dem, was mir so tagtäglich begegnet, fehlen mir einfach die Worte. Was da ist, sind Millionen von Buchstaben, die einfach nur laut in meinem Kopf klirren und meine Nerven strapazieren.

Ich muss mir einen geordneten Weg einfallen lassen: ich muss mir einfach die Kleinigkeiten rauspicken. Und da kommt mir doch meine novemberliche Buchkalendersuche für 2022 als Thema ganz gelegen.

Was ich suchte: ein Buchkalender zum Termine und Erlebnisse eintragen. Eine Woche auf zwei Seiten. Was ich hauptsächlich fand: Achtsamkeitstimer, Lifetracker und Dankbarkeitsbücher.

 

DANKBARKEIT & FAST THANKS

Ich weiß wofür ich dankbar bin. Mehr denn je. Es ist im Grunde auch immer der und das Gleiche. Dieses Gefühl hüte ich wie ein Schatz, denn es gibt mir Kraft und Mut.

Was raus muss, sind die Gedanken, die mein Kopf zum Platzen bringen, Dinge die auf den Schultern lasten und mich täglich 2 Zentimeter schrumpfen lassen.

Versteh mich nicht falsch, danke zu sagen ist richtig und geschieht leider, aufrichtig gemeint, viel zu selten. Es ist auch wunderbar sich schöner Momente bewusst zu sein, ihnen ein Lächeln zu schenken. Aber mal ehrlich, jeden Hühnerfurz als einen großen Dankbarkeitsmoment zu zelebrieren, halte ich doch für extrem übertrieben. Ich nenne diese Methode „Fast Thanks“ und hat für mich genauso viel Mehrwert wie „Fast Food“ und „Fast Fashion“.

 

LICHT & SCHATTEN

„Ich bin dankbar für die 5 Minuten, die ich heute in der Sonne genießen durfte“.

Sorry, wenn dieser Satz mein kreativster Dankbarkeitsmoment des Tages war, frage ich mich, was dahintersteckt.

  1. Es ist heute einfach nichts passiert: Aufgestanden, Kaffee, Klo, Arbeiten, Essen, Netflix, Bett.
    Langweilig, unspektakulär, kommt vor, tut niemand weh. Wenn das jeden Tag so aussieht, ist das sicherlich verschwendete Lebenszeit und macht auf Dauer nicht glücklich. Aber das lässt sich ja mit etwas Elan leicht ändern.
  2. Irgendwelche tiefgreifende Schatten und ein großer Berg Unzufriedenheit wird mit oberflächlichen Dankbarkeitsfloskeln überdeckt.
  3. Es ist schlichtweg Stress, noch ein ToDo am Tag zu haben, diesen tollen Achtsamkeitkalender auszufüllen. Und außerdem siehe Punkt 1

 

Ich befürchte Punkt 2, ist das große Geschäft der sogenannten Lifecoaches mit ihren überteuerten Produkten. Wir kaufen uns mit einem Achtsamkeits- und Dankbarkeitsbuch etwas Glück. Lernen das, was uns wütend, traurig und ohnmächtig werden lässt auszublenden, in dem wir händeringend jeden Tag eine Kleinigkeit suchen, für die wir dankbar sein müssen und richten da den Fokus drauf. Und so basteln wir uns kuschelweiche Wölkchen auf denen wir uns ausruhen dürfen.

Überraschung, der Mist stinkt weiter, auch wenn er parfümiert wird. Und das ist auch mein großes Problem mit der Neospiritualität oder der Friede-Liebe-Licht-Bewegung.

Es geht einfach um Beides: der Bewusstmachung von Licht UND Schatten. Dafür bringt ein ordinäres übrigens Tagebuch mehr als ein fancy vorgefertigter Planer für 20,95 € für die achtsamsten und dankbarsten Momente 2022 – mögen da trotzdem ein paar kommen ;-)

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